EU-Kommission: Verhindert günstige Handytarife in Deutschland

Betrachtet man Mobilfunkverträge europaweit ist Deutschland ein Entwicklungsland. Die großen Netzbetreiber Vodafone, Deutsche Telekom und 02 werben zwar mit super schnellen Datenverbindungen, die auch erreicht werden, aber das ist nur eine Seite der Mediale. Die nutzbare Datenmenge ist im europäischen Vergleich extrem unter dem Durchschnitt. Und eine Besserung scheint nicht in Sicht.Die schnellste Datenverbindung ist nutzlos, wenn die verfügbare Datenmenge unbrauchbar ist. Lange haben die Mobilfunkanbieter mit Datenflats geworben, wo es keine Flatrate gibt. Dieser Umstand wurde zwischenzeitlich gerichtlich untersagt. Richtiger Wettbewerb kommt in Deutschland dennoch nicht auf und die EU-Kommission unterstützt das. Doch wie schlecht steht Deutschland im Vergleich zu den Nachbarn in der EU wirklich da?

EU-Kommission: Verhindert günstige Handytarife in Deutschland

Deutschland gehörte zu den ersten Ländern in Europa, in denen das 4G-Mobilfunknetz (LTE) ausgebaut wurde. Die drei Netzbetreiber haben beinahe eine flächendeckende Versorgung mit LTE. Richtig nutzen dürfen die Kunden es aber nicht. 2015 verglich das finnische Beratungsunternehmen Rewheel die Mobilfunkverträge auf europäischer Ebene.

Rewheel wollte wissen, viele Datenvolumen Kunden in einem Vertrag mit LTE für 35 Euro bekommen. Diese Verträge mussten zudem mindestens 1.000 Freiminuten und unbegrenzt SMS enthalten. Deutschland ist hier, mit Ausnahme von Ungarn, trauriges Schlusslicht. Für 35 Euro bekommen deutsche Mobilfunkkunden nur 1 GB an Daten. Beim Spitzenreiter Finnland sind es gigantische 50 GB.

Datenvolumen in Europa nach Land
Datenvolumen in Europa nach Land (Bild: Benjamin Blessing, Daten politico.eu).

Die angezeigten Preise sind Mobilfunkverträge ohne Smartphone. In einigen Ländern gibt es zudem Verträge mit unbegrenztem Datenvolumen. Beispielsweise bei Three in Großbritannien für 24 Pfund inklusive 200 Freiminuten aber auf T-Mobile in den Niederlanden.

Doch woran liegt der gravierende Unterschied und wie verhindert die EU-Kommission den Wettbewerb für die deutschen Netzbetreiber?

Ab dem 15.06.2017 tritt eine Erweiterung der EU-Roaming-Verordnung in Kraft, die Roaming-Gebühren für die Nutzung von Mobiltelefonen im EU-Ausland für Anrufe, SMS und Internetzugang weitgehend abschafft.

Heimische Vertragskonditionen können ohne Aufpreis auch im EU-Ausland und wenigen anderen Ländern, die sich dieser Verordnung angeschlossen haben, genutzt werden. Diese EU-Roaming-Regulierung betrifft aber hauptsächlich Urlauber und Reisende, denn die kostenlose Roamingoptionen sind maximal für 60 Tage im Jahr gültig. Selbst für Vielreisende ist diese Option oft unbrauchbar.

Damit verhindert die Regulierung, dass Kunden einen Mobilfunkvertrag im europäischen Ausland abschließen und zu Hause nutzen können. Letztendlich bringt die neue Regulierung für EU-Roaming etwas Bequemlichkeit im Urlaub, schützt aber die Netzbetreiber vor Konkurrenz aus dem Ausland.

Trotzdem regt sich Widerstand. Die hinter dem österreichische Mobilfunkbetreiber spusu stehende Firma Mass Response versucht auf dem deutschen Markt Fuß zu fassen. spusu ist ein Reseller wie yourfone oder 1&1. Diese betreiben keine eigenen Netze sondern sind sogenannte Mobile Virtual Network Operator (MVNO) und mieten das Netz der bestehenden Netzbetreibern.

Mass Response hat eine Hintertüre gefunden, die es dem Unternehmen ermöglichen könnte in Deutschland Mobilfunkverträge anzubieten. Durch den Zusammenschluss der Mobilfunkbetreiber e-Plus und Telefónica beschloss die zuständige deutsche Bundesnetzagentur, dass das o2-Netz virtuellen Netzanbietern geöffnet werden muss. Im Entscheidungsentwurf dazu steht:

„… ein chancengleicher Wettbewerbs und die Förderung nachhaltig wettbewerbsorientierter Märkte ist ein Ziel der Regulierung.“

Bis jetzt hat aber nur die deutsche Drillisch AG einen sogenannten MBA-MVNO-Vertrag im o2-Netz. Damit kann die Drillisch AG wie ein eigener Netzbetreiber auftreten und alle weiteren Dienstleistungen, wie Erfassung von Kundendaten, Erstellung von Rechnungen, das Inkasso und die Kundenbetreuung selbst abfertigen ohne eigene Netzinfrastruktur zu besitzen.

Das möchte Mass Response für spusu ebenfalls erreichen. Seit zwei Jahren verhandelt das Unternehmen erfolglos mit Telefónica über einen MBA-MVNO-Vertrag. Telefónica möchte spusu aber nur als Reseller in Deutschland zulassen. Der einzige Ausweg scheint eine Klage gegen die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof zu sein.

Persönliche Meinung

Es ist traurig, dass ausländische Unternehmen für die Mobilfunkkunden in Deutschland klagen müssen. Natürlich macht Mass Response das nicht uneigennützig. Auf dem deutschen Markt herrscht großes Potential für extrem konkurrenzfähige Tarife. Im europäischen Vergleich zahlen deutsche Kunden unverhältnismäßig viel für die mobile Datennutzung. Der genehmigte Zusammenschluss von e-Plus und Telefónica durch die EU-Kommission war ein Fehler.

In Deutschland herrscht mit drei großen Netzbetreibern ein Oligopol und keine Konkurrenzsituation. Die Netzbetreiber sind in der Vertragsgestaltung nur kreativ, wenn es um versteckte Fußnoten geht. Die einzige Abwechslung sind neue Smartphones. Ansonsten gibt es gefühlt keine Bewegung.

Scheinbar herrscht panische Angst vor einer „Abnutzung“ der Mobilfunknetze, ganz nach dem Motto „Schau wie super schnell unser LTE ist, aber bitte benutze es zaghaft“. Letztendlich müssen Vodafone, T-Mobile und o2 die Netze die Netze nicht mehr schneller machen. Denn für Kunden mit 1 GB an Datenvolumen pro Monat spielt es keine Rolle, ob das Netz 50 Mbit/s, 150 Mbit/s oder 375 Mbit/s liefert. Bei 50 Mbit/s ist der eine GB in 2:40 Minuten aufgebraucht.

Kunden kastrieren sich bei solchen Mobilfunkverträgen selbst in der Nutzung und die Netzbetreiber verhindern das Aufkommen von neuen und innovativen Unternehmen in Deutschland.

Quelle: MyDealz

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