Umziehen von England nach Deutschland: E104 für die Krankenkasse

Jeder Deutschland-Rückkehrer wird sich zwangsweise irgendwann mit dem Thema Krankenversicherung in Deutschland beschäftigen müssen. Insbesondere wenn man nach Deutschland zurückzieht und ab dem Tag der Einreise noch keine Festanstellung bei einem Arbeitgeber hat, jedoch gerne krankenversichert wäre. Das heißt sich freiwillig versichert. Im Gegensatz zu Großbritannien, wo jeder mit Wohnsitz automatisch durch die NHS krankenversichert ist, besteht in Deutschland kein automatischer Versicherungsschutz. Melden sich Rückkehrer schon vor der Heimreise bei einer Krankenkasse, wird früher oder später nach einem E104 von der NHS verlangt. Was tun und woher bekommt man ein E104?

Die schlechte Nachricht vorweg, das E104 erhält man überhaupt nicht (mehr). Diese finale Aussage habe ich im September 2014 vom Department of Health via E-Mail und anschließend von HMRC per Telefon erhalten. Eine Kopie der E-Mail findet sich weiter unten in diesem Beitrag. Das E104 ist anscheinend ein altes EU-Relikt und soll abgeschafft werden.

Vor meiner Heimreise habe ich mich bei vielen großen deutschen Krankenkassen gemeldet. AOK, Barmer/GEK, IKK, Techniker Krankenkasse, BKK und noch ein paar. Jede dieser Krankenkasse hätte mit einem Schlag zwei neue – zahlungskräftige – Kunden erhalten (meine Freundin und mich). Jede dieser Krankenkasse bestand auf ein E104, da keine Arbeitsstelle (ALG I oder II geht auch) anfänglich vorhanden war und wir uns somit freiwillig versichern mussten.

Nach zwei Wochen, vielen Telefonaten mit verschiedenen britischen Behörden und meiner GP-Praxis stand fest, ein E104 gibt es nicht. Was nun?

Krankenversicherung ohne E104

Vorweg, sollte man ohne Krankenversicherung nach Deutschland einreisen, ist das im Notfall kein Problem. Krankenhäuser sind gesetzlich verpflichtet Notfall-Patienten auch ohne Versicherungsschutz zu behandeln. Dabei geht es aber ausschließlich um absolute Notfälle.

Jede Krankenkasse, zwischenzeitlich hatte ich bei jeder einen direkten Ansprechpartner, musste überzeugt werden, dass es ein E104 nicht gibt und nicht geben wird. Ich aber trotzdem eine Krankenversicherung ab dem Tag der Einreise benötige. Jeder Berater versuchte anfänglich, teils erfolgreich, mich wieder an die britischen Behörden zurück zu verweisen und weiter nach dem E104 von der NHS zu fragen. Lustig dabei war, dass jede Krankenkasse auf das E104 bestand, mir aber nicht genau sagen konnte, woher ich das bekommen kann.

Generell bestand für die deutschen Krankenkassen das Problem, dass nicht verstanden wurde, dass Einwohner in Großbritannien, das heißt nicht nur britische Staatsbürger, ein Wohnsitz genügt, automatisch über die NHS krankenversichert sind. Das Problem am E104 ist, dass es das Formular wohl früher gegeben hat, um nachzuweisen, dass der Antragsteller im vorherigen Wohnland krankenversichert war, es jetzt aber auf EU Ebene (laut Department of Health) abgeschafft wird.

Damit die deutschen Krankenkassen mich trotzdem freiwillig versichern und ich quasi nachweisen kann, dass ich in Großbritannien über die NHS krankenversichert war, haben mir folgende Dinge geholfen:

  • Die Anmeldebestätigung meiner GP-Praxis
  • Mein Mietvertrag
  • Die NHS Nummer
  • E-Mail vom Department of Health (Link zum PDF der E-Mail)
  • Bei störrischen Berater: Der Hinweis auf die gesetzliche Versicherungspflicht

Einige Krankenkassen wollte eine Bescheinigung vom Einwohnermeldeamt in Deutschland, die ich jedoch nicht liefern konnte, da ich mich in Deutschland nie abgemeldet habe. Das Flugticket als Einreisedatum wurde jedoch akzeptiert.

Es empfiehlt sich zudem, zu der Krankenkasse zu gehen, bei der man als letztes in Deutschland krankenversichert war. Egal ob gesetzlich oder privat, diese Krankenkasse MUSS einen wieder aufnehmen. Dies sollte gegebenenfalls mit Nachdruck deutlich gemacht werden.

Der Sachbezug auf Krankenkassen wurde jetzt stets im Plural geschrieben, da nach vier Wochen hin und her drei Krankenkassen dazu bewegt werden konnten, uns als Kunden aufzunehmen. Letztendlich habe ich die Krankenkasse genommen, die mir als erstes das OK gegeben hat und dazu noch extrem unkompliziert und unbürokratisch war. Mein Dank geht an die Barmer/GEK.

Persönliche Meinung

Dennoch bin ich schockiert und enttäuscht, wie desinformiert und ablehnend viele der kontaktierten Krankenkassen auf zwei potentielle neue Kunden reagiert haben. Solange Neukunden so behandelt werden können, geht es den Krankenkassen finanziell viel zu gut. Dabei war die AOK das traurige Schlusslicht, 4 Wochen nach dem wir schon wieder in Deutschland waren, also über 8 Wochen nach dem ich das erste Gespräch hatte und eine Erläuterung des Sachlage abgab, wurde ich kontaktiert und mir Versicherungsschutz angeboten. Dieser wurde dann dankend abgelehnt.

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7 Gedanken zu „Umziehen von England nach Deutschland: E104 für die Krankenkasse

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  • 14. Juli 2015 um 11:07
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    Vielen Dank für den Artikel!
    Ich habe jetzt genau dasselbe Problem… bin aus England zurück und die DAK will mich nicht versichern weil das E104 fehlt.. laut NHS gibt es diesen nicht und wie wir alle wissen läuft es in England anders als in Deutschland aber das will hier niemand verstehen. Ich warte nun seit 2 Monaten.
    Bin schockiert und entsetzt wie ablehnend und Kunden unfreundlich diese Sache hier in Deutschland gehandhabt wird .

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  • 23. September 2016 um 11:30
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    TAUSEND Dank für diesen unglaublich hilfreichen Erfahrungsbericht!!! Ich bin derzeit in derselben Situation. Komme gerade aus meiner GP Praxis, die von einem E104 Formular noch nie gehört hat… und war einigermaßen ratlos, um nicht zu sagen: verzweifelt. Jetzt weiß ich wenigstens, was zu tun ist. Vielen Dank!

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  • 26. April 2017 um 15:16
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    Grundsätzlich gilt über das Sozialversicherungsabkommen der gesetzlichen Krankenkassen das Verfahren, dass der neuen Krankenkasse über den E104 die Vorversicherung der alten Krankenkasse nachzuweisen ist. Sowohl innerhalb Deutschlands, als auch unter Abkommensstaaten in Europa (EHIC), sogar Türkei (über T/A 4) und weitere Länder wie z.B. Tunesien, Serbien
    Genau geregelt und Kontakt am besten durch die DKVA: https://www.dvka.de/de/startseite/startseite.html
    Derzeit sind Umstellungen von E104 zu Formularen wie S40 oder S41 vorgenommen worden. Wenn sich Länder wie England nicht richtig entsprechend dem Abkommen verhalten, dann ist es zunächst nicht das Problem der aufnehmenden Kasse. Richtig ist jedoch in diesem Fall sonstige Nachweise zu fordern und kulant mit der Angelegenheit umzugehen.

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  • 30. Mai 2018 um 8:43
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    Auch ich moechte mich ganz herzlich bei dir bedanken! dein Beitrag beruhigt mein Nervensystem 😉 Ich wurde bei der AOK wegen dem fehlenden Versicherungsnachweis fuer die NHS
    einfach abgelehnt: ‚fuer ihre Zukunft wuenschen wir ihnen alles Gute’…aber nun gehe ich wieder hin!

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  • 7. September 2018 um 14:55
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    Danke fuer den Beitrag!
    Ich rief mit gewappneten Nerven heute bei der Techniker Krankenkasse an – aber die wussten Bescheid. Ein Arbeitsvertrag aus GB reicht denen (zum Glueck habe ich einen).

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  • 28. Juli 2020 um 18:07
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    Dasselbe Problem haben wir nun – auch mit der AOK. Die zu versichernde Person ist seit fast einem Jahr in Deutschland zurück, und immer noch keine Versicherung…
    Ein weiterer Versuch wurde nun mit einer anderen Versicherung gestartet, ich hoffe die Email von NHS reicht (haben auch eine ähnliche Email erhalten).

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  • 23. Februar 2021 um 13:06
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    Hallo Britta, deine Nachricht ist schon länger her dennoch würde ich gerne drauf Bezug nehmen. Mein Partner will auch gerade aus den UK nach Deutschland kommen und hat das gleiche Problem mit dem besagten Formular. Nachweise, dass er in den UK gelebt hat hat er dennoch genug. Da Sie bei der TK erfolgreich waren, könnten Sie mir vielleicht den Namen des Sachbearbeiters nennen, der ihn Ihrem Fall so kulant war? Herzliche Grüße aus Berlin, Josephine W.

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